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Stellungnahme zum Entwurf des Krankenhausplanes 2010

15.08.2007 von LAG Redaktion

Krankenhausplan 2010 Stellungnahme zur Anhörung am 15.8.2007 Wettbewerb Wir begrüßen die verstärkte Orientierung auf einen Wettbewerb der Krankenhäuser, wenn dieser dazu führt, daß sich die Häuser vermehrt an den Bedürfnissen und Wünschen der Patienten orientieren und daß die Patienten tatsächliche Wahlmöglichkeiten haben. Wettbewerb ist aber kein Allheilmittel. Ein vorrangig an Renditegesichtspunkten orientierter Wettbewerb bietet keine Gewähr für optimale Angebote für alle Patienten. Wir befürchten, daß Krankenhäuser „unattraktive Risiken" zu vermeiden versuchen und Patienten mit bestimmten chronischen Krankheitsverläufen und Behinderungen ungern behandeln werden, bei denen ein hoher Aufwand erforderlich ist und aus abrechnungstechnischen Gründen keine attraktive Finanzierung im Einzelfall gegeben ist. Hier muß staatliche Krankenhausplanung weiterhin gegensteuern. Flexibilisierung Wir begrüßen die Überlegungen, im Rahmen der Planungen den Krankenhäusern eine größere bedarfsgerechte Flexibilität bei der Nutzung ihrer Kapazitäten zu ermöglichen. Ausdrücklich unterstützen wir die vorgesehene Möglichkeit, stationäre Betten auch unabhängig von ausgewiesenen Tageskliniken im Bedarfsfall teilstationär zu nutzen. Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung Die weitere Auflösung der immer noch zu starren Grenzen zwischen ambulantem und stationärem Versorgungsbereich findet unsere Unterstützung. Im Interesse der Patienten sollten Initiativen in diese Richtung aber transparent gemacht werden. Nur dann können Patienten die neuen Möglichkeiten auch angemessen nutzen. Wir schlagen vor, im Rahmen der Krankenhausplanung oder an anderer Stelle Angebotslisten öffentlich zugänglich zu machen: - Medizinische Versorgungszentren (MVZ) an Krankenhäusern mit Angaben über Träger, Fachrichtungen, besondere diagnostische und Therapieangebote - Zulassungen von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung nach § 116b SGB V - Verträge zur Integrierten Versorgung unter Beteiligung von Krankenhäusern (jedenfalls mit Angabe der Beteiligten, der speziellen Angebote und der Zielgruppe nach Krankheitsbild und ggfs. Kassenzugehörigkeit) - Teilniederlassungen von Krankenhausärzten (hier wären als ähnliche Regelung ggfs. auch Belegbetten-Vereinbarungen zu benennen). Alle genannten neuartigen Formen der Verzahnung ambulanter und stationärer Behandlung sollten weiterhin der staatlichen Planung unterliegen, jedenfalls im Sinne von Koordination und Herstellung einer Übersicht. Es ist nicht nachvollziehbar, daß einerseits Krankenhausplanung als Landesaufgabe betrieben wird, andererseits Bedarfsplanung durch Kassenärztliche Vereinigung und Kassen (§ 99 SGB V) unter Beteiligung des Landesausschusses (§ 90 SGB V), dann jedoch bei den besonders planungsrelevanten neuartigen Schnittstellen zwischen stationärer und ambulanter Behandlung keine Planung stattfindet. Hier sind ggfs. Initiativen zu Gesetzesänderungen auf Bundesebene nötig. An diesen genannten Schnittstellen erscheint uns eine institutionalisierte Patientenbeteiligung unverzichtbar und möglicherweise wichtiger als die bisherige Beteiligung nach § 140f SGB V auf Landesebene bei Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen sowie bei der Bedarfsplanung im Landesausschuß (wobei diese letztere Form der gesetzlich geregelten Mitwirkung in Hamburg immer noch nicht realisiert ist). Koordination zwischen Krankenhaus und nachsorgender Behandlung Die enge Kooperation zwischen Krankenhäusern und nachbetreuenden Diensten gewinnt an Bedeutung. Das betrifft z.B. Pflegedienste, aber auch Anschlußheilbehandlungen bzw. Rehabilitationseinrichtungen. Wir begrüßen Absprachen, die eine enge Verzahnung der jeweiligen Betreuung ohne Zeit- und Informationsverluste ermöglichen. Wir möchten aber betonen, daß Transparenz und Wahlrecht dadurch nicht beeinträchtigt werden dürfen. Es kann nicht angehen, daß Krankenhäuser grundsätzlich nur auf einen oder wenige, eng mit dem Haus kooperierende Pflegedienste verweisen, die ggfs. auch Kontaktstellen im Krankenhaus unterhalten, und der Patient über die mögliche Wahl eines anderen Dienstes nicht informiert wird. Ebensowenig können wir akzeptieren, wenn ein Krankenhaus z.B. bei notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen nach Abschluß der Akutbehandlung grundsätzlich nur auf Reha-Abteilungen desselben Krankenhausträgers verweist und Verlegungen in ein fachlich im Einzelfall womöglich besser geeignetes Haus eines anderen Trägern vermeidet. Wettbewerb im Patienteninteresse kann hier nur funktionieren, wenn die Krankenhäuser gehalten sind, den Zugang zu Informationen über verschiedenste Anbieter zu ermöglichen. Bei der Empfehlung weiterbetreuender Dienste bzw. der Verlegung in weiterbehandelnde Häuser ist auf bestehende Kooperationsbeziehungen (verflochtene Trägerschaft, Verträge der Integrierten Versorgung, organisierte Formen der Kooperation ...) im Sinne der Transparenz ausdrücklich hinzuweisen. Qualitätssicherung und -transparenz Um Patienten eine Wahl zwischen verschiedenen Anbietern zu ermöglichen, sind umfassende, zeitnahe und verständliche Informationen über die Qualität der Anbieter nötig, einschließlich Angaben über die Ergebnisqualität. Bei Maßnahmen der Qualitätssicherung und der Information über die Qualität der Krankenhausabteilungen ist Patientenbeteiligung wünschenswert. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Initiative von Krankenhausträgern, Ärztekammer und Krankenkassen, unter dem Titel „Hamburger Krankenhausspiegel" Qualitätsinformationen im Internet zugänglich zu machen. Wir freuen uns, daß die Arbeitsgemeinschaft Qualitätssicherung Hamburg (Landesgeschäftsstelle EQS) ab 1.1.2008 eine Patientenbeteiligung in ihren Gremien ermöglichen will. Im Zusammenhang mit Maßnahmen der Qualitätssicherung möchten wir ausdrücklich betonen, daß auch die Kooperation mit Selbsthilfeorganisationen und -gruppen ein Qualitätskriterium für Krankenhäuser ist. Das „Projekt Selbsthilfefreundliches Krankenhaus" hat hier wichtige Vorarbeiten geleistet. Das Beschwerdemanagement im Krankenhaus ist ein wichtiges Element und auch im Zusammenhang mit Wettbewerb und Wahlrecht sowie mit der Qualitätssicherung unverzichtbar. Wir begrüßen, daß in Hamburg auf freiwilliger Basis und jetzt auch auf gesetzlicher Grundlage ein vergleichsweise gut ausgebautes System von Patientenfürsprechern und Beschwerdebeauftragten eingerichtet wurde. Wir halten sowohl krankenhausinterne als auch externe Beschwerdemöglichkeiten für notwendig und wünschen uns einen weiteren Ausbau, Systematisierung und eine größere Unabhängigkeit der Beschwerdeinstanzen. Barrierefreiheit im Krankenhaus Der Krankenhausplan verzichtet auf programmatische Aussagen zum Thema Barrierefreiheit. Wir möchten anregen, dies bei einer zukünftigen Fortschreibung zu ändern und die Umsetzung von Zielsetzungen, wie sie im Hamburgischen Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen formuliert werden, zu einem Schwerpunktthema der Krankenhausplanung zu machen. Wir bieten hierzu ausdrücklich die fachkundige Mitwirkung der Verbände behinderter Menschen in Hamburg an. Barrierefreiheit betrifft bauliche Voraussetzungen für Patienten (Beispiel: Nutzbarkeit sanitärer Einrichtungen für Rollstuhlfahrer ohne fremde Hilfe), aber auch Vorkehrungen z.B. für Menschen mit Sinnesbehinderungen (Beispiel: Verfügbarkeit von Gebärdensprachdolmetschern). Solange bestimmte Voraussetzungen nicht flächendeckend geschaffen werden, sollten Absprachen im Rahmen der Krankenhausplanung stattfinden. Beispielsweise haben wir kein Verständnis dafür, daß es in einer Millionenstadt mit qualitativ hochwertiger Krankenhausausstattung für Patienten mit bestimmten chronischen Krankheiten bzw. Pflegebedürftigkeit und Hämophilie, nicht möglich sein soll, zeitnah eine zugängliche Möglichkeit zu begleitender zahnärztlicher Behandlung im Krankenhaus zu finden. In diesem Zusammenhang möchten wir erwähnen, daß Barrierefreiheit nicht nur in den für Publikum bzw. Patienten zugänglichen Bereichen der Krankenhäuser erforderlich ist, sondern auch die Beschäftigung von schwerbehinderten Mitarbeitern im Krankenhausbereich nicht an vermeidbaren Barrieren scheitern darf, auch wenn dies nicht im engeren Sinne zu den Themen der Krankenhausplanung zählen mag. Dezentralisierung der psychiatrischen Versorgung Wir begrüßen die geplante weitere Dezentralisierung psychiatrischer Behandlungsangebote und unterstützen dabei ausdrücklich den vorrangigen Ausbau tagesklinischer Strukturen. Die in den einführenden Bemerkungen zum Krankenhausplan dargestellte Perspektive, „die starre Trennung von stationärem und ambulantem Versorgungssektor zunehmend zu überwinden mit dem Ziel, durch neue Formen der Integration und Kooperation im Interesse der Patientinnen und Patienten ganzheitliche Behandlungsstrukturen zu entwickeln", ist für die psychiatrische Versorgung von besonderer Bedeutung. Im Rahmen der Planungen sollten innovative und integrativ ausgerichtete Konzepte zur Umsetzung gebracht werden. Fragen der Personalbemessung mögen nicht Gegenstand der Krankenhausplanung sein. Trotzdem möchten wir erwähnen, daß gerade in der Psychiatrie, mit einer vergleichsweise geringen medizintechnischen Ausstattung, die Personalausstattung (quantitativ und qualitativ) die entscheidende Qualitätskomponente ist und angesichts in den vergangenen Jahren deutlich verkürzter Verweildauern an Bedeutung noch zunimmt. Bei der weiteren Entwicklung der Kinder- und Jugendpsychiatrie wäre eine enge Verzahnung mit der Planung im Jugendhilfebereich bzw. für seelisch behinderte junge Menschen (SGB VIII / SGB XII) wünschenswert. Zugleich sollten institutionalisierte Formen der Zusammenarbeit zwischen kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen und der Allgemeinen (Erwachsenen-) Psychiatrie für alle Standorte bestehen. Den vorgesehenen weiteren Ausbau der Geriatrie begrüßen wir ebenfalls ausdrücklich. Wir möchten aber betonen, daß es sich bei geriatrischen Behandlungs- und Rehabilitationsangeboten in jedem Fall um anspruchsvolle therapeutische Konzepte handeln muß, die auf die besonderen Bedingungen älterer und oftmals multimorbider Patienten ausgerichtet sind. Es sollte nicht der Eindruck entstehen dürfen, daß geriatrische Angebote unter dem Gesichtspunkt geplant werden, anderweitig nicht mehr benötigte Betten einer rentablen Nutzung zuzuführen. Wir können uns nicht vorstellen, wie eine moderne geriatrische Behandlung in Hamburg im Jahre 2007 noch im 6-Bett-Zimmer stattfinden kann. Der Ausbau der Palliativversorgung zählt ebenfalls zu den Planungen, die wir ausdrücklich begrüßen. Wünschenswert wäre eine abgestimmte Entwicklung von stationärer Palliativmedizin, Palliative Care, Hospizbetreuung, ambulanter und stationärer Schmerztherapie und auch entsprechend spezialisierter psychotherapeutischer Angebote. Bei zukünftiger Krankenhausplanung ausdrücklich berücksichtigt werden sollte der hohe Anteil von Migranten an der Hamburger Wohnbevölkerung und mithin auch an den Nutzern der Krankenhäuser. Deutschkenntnisse sind in unterschiedlichem Maße vorhanden und stoßen oft dann an ihre Grenzen, wenn schwierige Gesundheitsfragen betroffen sind. Neben dem Verfügbarhalten ausreichender Dolmetscherdienste sollte auch die Einbeziehung muttersprachlicher Angebote in bestimmten Fachgebieten im Rahmen zukünftiger Krankenhausplanung thematisiert werden. Forum Patientenvertretung in Hamburg Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e.V. Richardstraße 45, 22081 Hamburg, (040) 29995666, Ansprechpartner Stephan Richter Verbraucherzentrale Hamburg e.V., Fachabteilung Patientenschutz Kirchenallee 22, 20099 Hamburg, (040) 24832-132, Ansprechpartner Christoph Kranich Patienteninitiative Hamburg e.V. Moorfuhrtweg 9e, 22301 Hamburg, (040) 2796465, Ansprechpartnerinnen Kerstin Hagemann, Sonja Chevallier Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen im Paritätischen Wohlfahrtsverband Hamburg Wandsbeker Chaussee 8, 22089 Hamburg, (040) 415201-54, Ansprechpartner Dr.Wolfgang Busse Das Forum Patientenvertretung in Hamburg ist der Zusammenschluss der Patientenorganisationen nach § 140 f SGB V bzw. Patientenbeteiligungsverordnung nach § 140 g SGB V auf Landesebene. Die beteiligten Organisationen sind über die oben genannten Kontaktpersonen erreichbar.

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