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LAG Stellungnahme zum HmbBGG

11.03.2019 von LAG Redaktion

 

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Erweiterungen zum Gesetzentwurf:

1.Gefordert wird die Einrichtung eines Partizipationsfonds

politische Partizipation von Menschen mit Behinderungen auf Augenhöhe ist nur möglich, wenn die Betroffenenverbände hierzu professionell ausgestattet und fachlich kompetent sind. Um Betroffenenverbände bei der aktiven Mitgestaltung inklusiver Maßnahmen und zur Begleitung von Gesetzgebungsprozessen unterstützen zu können, fordert die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) auch für Hamburg die Einrichtung eines Partizipationsfonds. Der Bund und andere Bundesländer haben bereits Partizipationsfonds in ihren Behindertengleichstellungsgesetzen verankert.

 

Der Senat hält dem entgegen, dass eine pauschale Übertragung von bundesgesetzlichen Regelungen nicht angezeigt sei. Er verweist auf das Leistungsrecht des SGB IX, mit dem umfassende Möglichkeiten zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stünden. Darüber hinaus würde durch die Finanzierung von Maßnahmen, wie der unabhängigen Teilhabeberatung, der Werkstatträte und der Zuwendungen an diverse Träger, wie unter anderen die LAG und das Kompetenzzentrum, eine weitreichende bedarfsorientierte Finanzierung stattfinden.

Die vom Senat genannten Fördermöglichkeiten nach dem Sozialgesetzbuch konzentrieren sich jedoch auf die Förderung gesundheitsbezogener Selbsthilfemaßnahmen durch die Krankenkassen: „Die Fördermittel sollen effektiv zum Nutzen chronisch kranker sowie behinderter Menschen und ihrer Angehörigen eingesetzt werden und gesundheitlich relevante Wirkungen entfalten.“[1] Weitere Leistungen nach SGB V beziehen sich u.a. auf gesundheitsfördernde Maßnahmen, wie Patientenschulung, Früherkennung und Frühförderung, Primärpräventive Maßnahmen/Präventionskurse und gesundheitsfördernde Maßnahmen in verschiedenen Lebenswelten.
Auch bei den vom Senat aufgeführten Leistungen an die unabhängige Teilhabeberatung, an Werkstatträte und die Zuwendungen an das Kompetenzzentrum geht es nicht unmittelbar um die Förderung von Betroffenenverbänden, damit diese in öffentlichen Angelegenheiten ihre Interessen unabhängig und kompetent wahrnehmen können.

Richtig ist, dass die LAG auf Betreiben des Kollegiums der Staatsräte jährlich
50.000 € zur Förderung für partizipatorische Aufgaben erhält, die von der LAG oder ihrer Mitglieder durchgeführt werden.
Es stellt sich deshalb die Frage, was den Senat hindert, diese Förderung im HmbBGG zu verankern. Das Problem ist, dass diese freiwilligen Zuwendungen jederzeit z.B. aufgrund geänderter politischer Verhältnisse oder aufgrund anderer Prioritätensetzungen eingestellt werden können.

Der Bund fördert z.B. Maßnahmen, damit Selbsthilfeorganisationen sich intensiver und nachhaltiger in gesellschaftliche und politische Gestaltungsprozesse einbringen können. So ist zum Beispiel auch die Förderung von Jugendarbeit oder von Nachwuchskräften für die Wahrnehmung von Leitungsfunktionen in Verbänden von Menschen mit Behinderungen oder der Ausgleich behinderungsspezifischen Mehrbedarfs, wie z. B. durch Übertragung von Texten in Leichte Sprache, durch den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern oder von Assistenzen oder durch technische Hilfsmittel, die im Rahmen der Wahrnehmung von Aufgaben für die Organisation erforderlich sind, möglich.

2.Gefordert wird die Einrichtung einer Schlichtungsstelle

Die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG) fordert die Einrichtung einer Schlichtungsstelle nach dem Vorbild des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes. Sie soll in Anspruch genommen werden können, wenn sich jemand in einem Recht nach dem Hamburgischen Behindertengleichstellungsgesetz (HmbBGG) verletzt fühlt. Sie wirkt dann auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hin. Wichtig ist, dass das Schlichtungsverfahren kein notwendiges Vorverfahren für Verbandsklagen ist. Die Stelle soll Menschen mit Behinderungen ein niederschwelliges, Verfahren ermöglichen, um insbesondere den Abbau von Barrieren außergerichtlich zu erreichen.

Der Senat lehnt eine solche Schlichtungsstelle mit dem Hinweis auf die Möglichkeit ab, sich im Beschwerdefall an die Ombudsstelle Eingliederungshilfe Hamburg, die Senatskoordinatorin/den Senatskoordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen oder die zu schaffende Ombudsstelle für barrierefreie IUK-Technik wenden zu können.
Das ist wenig zielführend, denn es geht hier nicht um Teilhabe- oder Eingliederungsleistungen oder um eine Koordinations- oder Beratungsaufgabe im Bereich von Assistenzbedarfe, Wohnungs- oder Arbeitsproblemen. Die genannte Schlichtungsstelle für IUK-Technik kann, wie es der Name schon sagt, nur in Anspruch genommen werden bei Nichteinhaltung der Barrierefreiheit im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik.
Auch wenn die Senatskoordinatorin/der Senatskoordinator für die Gleichstellung von behinderten Menschen aus einer unabhängigen Position heraus zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung und in Zukunft hauptamtlich vermitteln soll, fehlt es hier an der entsprechenden Ausstattung, um im Vorfeld eines Klageverfahrens mit juristischer Kompetenz möglichst gütlich schlichten zu können.

In einem Schlichtungsfall im Vorfeld eines Klageverfahrens kann es zum Beispiel darum gehen, dass bei Planungen und bei der Bauausführung die Anforderungen der Barrierefreiheit missachtet, Informationen nicht in einfacher Sprache oder in Gebärdensprache erläutert oder Bescheide nicht in Groß- oder Blindenschrift rechtzeitig zur Verfügung gestellt, angemessene Vorkehrungen verwehrt oder Menschen mit Behinderungen in anderer Weise benachteiligt, diskriminiert oder gehindert wurden, am Leben in der Gesellschaft selbstbestimmt teilhaben zu können.

Erfahrungen mit der neuen Bundesschlichtungsstelle zeigen, dass mit ihrer Hilfe vorgerichtlich Konflikte mit öffentlichen Stellen erfolgreich und einvernehmlich gelöst werden können.
Bei der Forderung, auch in Hamburg eine Schlichtungsstelle einzurichten geht es nicht um eine pauschale Übertragung von bundesgesetzlichen Regelungen, sondern darum, bewerte Regelungen des Bundes und anderer Bundesländer den hamburgischen Verhältnissen entsprechend aufzugreifen.

Die LAG fordert daher weiterhin, dass bei der Senatskoordinatorin/dem Senatskoordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen eine Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten eingerichtet wird.


[1] Leitfaden zur Selbsthilfeförderung Grundsätze des GKV-Spitzenverbandes zur Förderung der Selbsthilfe gemäß § 20h SGB V vom 10. März 2000 in der Fassung vom 20. August 2018, Herausgeber: GKV-Spitzenverband

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