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Patientenorganisationen kritisieren Beschluss zur Bedarfsplanungsrichtlinie: GBA verpasst Chance zur Gestaltung einer gerechteren und barrierefreien Versorgung mit Ärzten

21.12.2012 von LAG Redaktion

„Aus unserer Sicht ist unfassbar, warum der Gemeinsame Bundesausschuss die historische Chance verpasst hat, grundlegend etwas zu ändern an der sogenannten Bedarfsplanung“, erklärte Ursula Faubel, Sprecherin der Patientenvertretung im zuständigen Unterausschuss, „denn mit dem Bedarf von Versicherten und Patienten hat diese Planung nach wie vor nicht viel zu tun.“

Der Gesetzgeber hat mit dem Versorgungsstrukturgesetz die Möglichkeit geschaffen, die Anzahl der Ärzte stärker am tatsächlichen Versorgungsbedarf auszurichten und von der Stichtagsregelung abzugehen. Diese Möglichkeit hat der GBA mit der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht genutzt und stattdessen auf die Gestaltungsmöglichkeiten auf Landesebene verwiesen.

Im Kern kritisiert die Patientenvertretung, dass nahezu alle Faktoren, die den tatsächlichen Versorgungsbedarf einer Region abbilden, bei der Planung nach wie vor unberücksichtigt bleiben. Wie bisher schon wird lediglich ein Demografiefaktor vorgesehen, der die Verhältniszahlen auf der Basis der Altersstruktur modifiziert. „Viele andere Faktoren, die wesentlichen Einfluss auf den Bedarf der Bevölkerung an Ärzten haben, wie die Krankheitslast oder der Pflegebedarf, bleiben weiter unberücksichtigt“, erklärte Faubel. Auch die Soll-Verhältniszahlen, also die Festlegung, wie viele Ärzte pro Einwohner benötigt werden, werden weiterhin auf der Basis der Arzt-Zahlen aus den 90er Jahren fortgeschrieben. Positiv bewertet die Patientenvertretung einzig, dass erste Schritte zur Beseitigung der schlechteren Versorgung mit Ärzten in den ländlichen Gebieten getan würden.

Als besonders enttäuschend bewertet die Patientenvertretung die mangelnden Fortschritte beim Thema barrierefreie Arztpraxen. Die Patientenvertretung hatte beantragt, dass die Bedarfspläne zukünftig transparente Angaben zum angestrebten Anteil barrierefreier Praxen je Arztgruppe sowie zur Anzahl der tatsächlich bereits barrierefrei erreichbaren Praxen enthalten. Nach zähem Ringen ist zuletzt noch eine programmatische Formel aufgenommen worden, wonach die Barrierefreiheit vor allem  bei Neuzulassungen besonders zu beachten ist.. „Seit Jahren schaffen Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen es nicht, im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags für Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zur ärztlichen Versorgung zu ermöglichen“ fasst Faubel zusammen. Auch die von Deutschland 2009 ratifizierte Behindertenrechtskonvention verlangt, dass die Staaten und ihre öffentlichen Institutionen dafür Sorge tragen, dass behinderte Menschen wie alle anderen an der Gesundheitsversorgung teilhaben können. Doch von diesem Ziel ist Deutschland immer noch weit entfernt. „Die zuständigen Gremien auf Landesebene müssen nun nachholen, was der GBA versäumt hat, oder die Situation bleibt so schlecht wie heute.“

Kritik übten die Patientenvertreter auch hinsichtlich der Abstimmung der Verhältniszahlen „hinter den Kulissen“. Für die psychotherapeutische Bedarfsplanung war bekannt geworden, dass zwischen KBV und Kassenseite im Rahmen der Verhandlungen im nichtöffentlichen Erweiterten Bewertungsausschuss Übereinkünfte über die Höhe der zukünftigen Zulassungszahlen getroffen wurden – rein nach finanziellen Gesichtspunkten, ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf, wie die Patientenvertretung betont.

Weitere Hintergrundinformationen finden sich in einem ausführlichen Positionspapier der Patientenvertretung.

 

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