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Strukturreform der ambulanten Psychotherapie: Patientenvertretung begrüßt die Beanstandung der Psychotherapierichtlinie

19.09.2016 von LAG Redaktion

 Zu begrüßen ist außerdem, dass das Vorhaben einer korrigierenden Beschlussfassung von der Tagesordnung der heutigen Sitzung genommen wurde. Der beabsichtigte zweite, korrigierende Beschluss wäre weit hinter dem zurückgeblieben, was das BMG für unerlässlich ansieht.

 Der gesetzlichen Regelung folgend müssen Sprechstunden angeboten werden. Der G-BA wollte dies als freiwillige Leistung den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten überlassen. Gleichzeitig wurde aber den Versicherten auferlegt, vor Inanspruchnahme weiterer Leistungen eine Sprechstunde aufzusuchen. Der G-BA muss nunmehr bis zum 30.11.2016 diesen Widerspruch auflösen und dafür sorgen, dass keine Hürde der Inanspruchnahme für die Versicherten entsteht.

 Für die Anzeige einer Akutbehandlung an die Krankenkasse durch den Therapeuten/die Therapeutin verlangt das BMG eine Einwilligung der Versicherten. Die bloße Anzeige einer Therapie löst aber kein Bewilligungsverfahren bei der Krankenkasse aus. Deshalb gibt es keine Mitwirkungspflicht der Versicherten nach § 60 Abs. 1 SGB I. Falls diese Regelung Inhalt der Richtlinie werden sollte, werden wir diese Rechtslage in einem gerichtlichen Verfahren klären.

 Im Interesse schneller Bewilligung von Anträgen auf Kurzzeittherapie sind die Krankenkassen gehalten, diese innerhalb einer Frist von längstens drei Wochen zu bescheiden. Das BMG wendet sich ausdrücklich gegen eine durch § 33 der Richtlinie nahegelegte Praxis, wonach Krankenkassen die Frist verstreichen lassen könnten. Damit tritt zwar eine Genehmigungsfiktion ein. Die Versicherten müssen aber auch unangemessen lange warten, bis Klarheit herrscht.

 Der G-BA wird klarstellen müssen, dass die Regelung des § 34 für die Bewilligung von Kurzzeittherapien nicht zu einer regelhaften Überprüfung und die Zuweisung in das Gutachterverfahren führt. Das wäre nicht nur das Gegenteil der vom Gesetzgeber verlangten Vereinfachung des Gutachterverfahrens. Es würde auch zu einer erheblichen Verzögerung der Leistungserbringung zu Lasten der Versicherten führen.

 Gekippt ist auch die Altersbegrenzung für Gutachter auf das 55. Lebensjahr in § 35 des Beschlusses vom 16.06.2016. Aus Sicht der Patientenvertretung handelte es sich um eine verbotene Diskriminierung.

 Nach § 38 sollten Dokumentationsbögen mit umfangreicher Datenerhebung (Anlage 2) ausgefüllt werden. Mit der Streichung des § 38 wird dem Anliegen der Patientenvertreter gefolgt. Datenerhebungen ohne sachliche Begründung, ohne klare Festlegung (zulässiger) Zwecke und unklarem Verbleib der Daten sind ein Verstoß gegen das Patientenrecht auf informationelle Selbstbestimmung und auch ein Verstoß gegen das Berufsgeheimnis der Therapeutinnen und Therapeuten, vom bürokratischen Aufwand abgesehen.

 Mit der Fristsetzung durch das BMG auf den 30.11.2016 steht zwar nicht viel Zeit zur Verfügung. Es reicht trotzdem, um berechtigten Anliegen der Versicherten in einer revidierten Fassung der Psychotherapierichtlinie Rechnung zu tragen.

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Die Patientenvertretung im G-BA besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der vier maßgeblichen Patienten-organisationen entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung:

  • Deutscher Behindertenrat,
  • Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen und -initiativen,
  • Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.
  • Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Die Patientenvertretung im G-BA kann mitberaten und Anträge stellen, hat aber kein Stimmrecht

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